"Mir graut’s vor dir, Heinrich“ – Eduard-Stieler-Schule auf Theaterfahrt

Ehemalige Stieler-Schülerin spielt Fausts Gretchen am Jungen Theater in Göttingen

Am Donnerstag, dem 07. Dezember 2017, bestiegen zwei Deutschkurse des Beruflichen Gymnasiums der Eduard-Stieler-Schule in Fulda den Bus, um sich mit ihren Lehrern Rene André Kohl und Hugo Zentgraf auf den Weg nach Göttingen zu machen. Ziel des abendlichen Ausfluges war das „Junge Theater“, wo an diesem Abend Goethes „Urfaust“ zum Besten gegeben wurde. Und es sollte ein denkwürdiger Abend werden.
Die Eduard-Stieler-Schule hatte nämlich einen triftigen Grund, der Inszenierung in Göttingen beizuwohnen. Denn das Gretchen wird dort gespielt von Katharina Brehl, die 2012 an „der Stieler“ ihr Abitur gemacht, seitdem ein Schauspielstudium in Kassel absolviert und sich mit einer ganzen Reihe von Rollen an unterschiedlichen Schauspielhäusern – übrigens auch im Fuldaer Schlosstheater beim „Medicus“ – einen Namen gemacht hat. Das Gretchen aber, die spektakulärste Frauenrolle, die das deutschsprachige Theater zu bieten hat, spielt sie in dieser Saison zum ersten Mal. Und wie!

In dem karg ausgestatteten Raum des „Jungen Theaters“ vor einem geradezu gruselig-modernen Bühnenbild ringt die junge Frau ihrer Rolle alle Facetten ab, die es braucht, um sich als ein großes „Gretchen“ nachhaltig in die Gemüter einzubrennen. Man nimmt ihr das naiv-fromme Mädchen der ersten Begegnungsszene mit Faust vor der Kirche ebenso ab wie später die verliebte junge Frau, die Faust um den Verstand bringt, und ihre Verzweiflung als verlassene Schwangere, der Kirche, Gesellschaft und Familie kalt den Rücken kehren, weil ihre „Ehre“ angeblich beschmutzt ist. Alle Register ihres grandiosen Könnens zieht Katharina Brehl dann in der Schlussszene im Kerker, als sie, dem Wahnsinn verfallen und auf die Vollstreckung ihres Todesurteils als Kindsmörderin wartend, eine letzte erschütternde Begegnung mit ihrem ehemaligen Geliebten Faust hat. Brehls Bühnenpräsenz, Agilität und emotionale Virtuosität lassen dem Publikum den Atem stocken. Und die Zuschauer danken es ihr und ihren wackeren Mitstreitern im Ensemble mit minutenlangen Standing Ovations und Bravo-Rufen.

Nach der Vorstellung wurde den Schülern noch eine besondere Gunst gewährt: Sie waren zu einem Werkstatt-Gespräch mit den Schauspielern eingeladen, und als Katharina Brehl gefragt wurde, wie sie sich denn auf eine solch komplexe und anspruchsvolle Rolle vorbereitet habe, sagte sie mit dem ihr eigenen Charme: „Ich habe einfach meine alten Unterlagen aus dem Deutsch-Leistungskurs an der Eduard-Stieler-Schule hervorgekramt und durchgearbeitet.“
Nun, das Publikum konnte sich an diesem wunderbaren Theaterabend davon überzeugen, dass sich das gelohnt hat.

von Hugo Zentgraf
Fotos: René André Kohl

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